Medizin-Telegramm Februar 2022
Probiotika und COVID-19
Kennzeichen schwerer und kritischer COVID-19-Fälle sind eine Dysbiose, Immundysregulation, Hyperinflammation and Hyperzytokinämie (Zytokinsturm). Deshalb können Strategien, die diese pathophysiologischen Prozesse anvisieren, von Vorteil sein. Dazu gehören Probiotika, da sie die Darmflora günstig beeinflussen, opportunistische Pathogene im Darm unterdrücken, die Translokation (Penetration der pathogenen Organismen durch die Darmwand) verringern, die Schleimhautimmunität aktivieren sowie die angeborene und erworbene Immunantwort modulieren. Auch wenn noch Empfehlungen zu Bakterienstämmen, der Dosierung und Anwendungsdauer fehlen, konstatieren die Forscher, dass Laktobazillen und Bifidobakterien bereits jetzt aufgrund der umfangreichen klinischen Erfahrung gefahrlos verwendet werden können.
(Angurana SK, Bansal A: Probiotics and Coronavirus disease 2019: Think about the link. Br J Nutr. 2021 Nov 28;126(10):1564-1570)
Coenzym Q10 (CoQ10) und chronische Nierenerkrankungen
Eine systematische Übersichtsarbeit, in die 12 unabhängige Studien eingeflossen ist, weist darauf hin, dass eine Supplementierung mit CoQ10 bei Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen einen vielversprechenden Effekt auf oxidativen Stress hat (signifikante Senkung der Malondialdehyd-Spiegel). Zudem verbesserten sich durch CoQ10 der Entzündungsparameter hs-CRP, der Glukosestoffwechsel (HbA1c und QUICKI), kardiale Biomarker und die Herzstruktur.
(Xu Y, Yang G, Zuo X et al. A systematic review for the efficacy of coenzyme Q10 in patients with chronic kidney disease. Int Urol Nephrol. 2021 Mar 29. doi: 10.1007/s11255-021-02838-2)
Vitamin D und Darmkrebs
Laut einer systematischen Übersichtsarbeit, die eine randomisierte, kontrollierte Studie und 3 prospektive Kohortenstudien enthielt, die insgesamt qualitativ hochwertig waren, waren höhere zirkulierende 25(OH)D-Werte bei Patienten mit fortgeschrittenem Darmkrebs, die sich einer Chemotherapie unterzogen, mit einer besseren Prognose (progressionsfreies Überleben, Gesamt-Überlebenszeit) verbunden.
(Zeng X, Zhang L, Jia S et al. Effects of circulatiing 25(OH)D status in advanced colorectal cancer patients undergoing chemotherapy: A systematic review. Anticancer Res. 2021 Dec;41(12):5903-5912)
Zink und das alternde Immunsystem
Forscher der RWTH Aachen um Prof. Dr. Lothar Rink haben im Jahr 2021 diverse Arbeiten zu Zink publiziert. In ihrer aktuellen Übersichtsarbeit konstatieren sie, dass eine ausreichende Zufuhr an Zink wichtiger zu sein scheint, um ein hohes Alter zu erreichen, als eine adäquate Versorgung mit anderen Mikronährstoffen. Ungünstigerweise ist die Prävalenz eines Zinkmangels bei älteren Menschen hoch, was zu einer erhöhten Infektanfälligkeit, reduzierten Anti-Tumor-Immunität und einer abgeschwächten Immunantwort auf Impfungen beiträgt. Ein Zinkdefizit fördert zudem das Gedeihen bestimmter pathogener Organismen in der Darmflora. Eine ausreichende Versorgung mit dem Spurenelement kann dem entgegenwirken und zur Langlebigkeit beitragen. Unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie gibt es eine Wechselbeziehung zwischen dem Alter, dem Zinkstatus und Atemwegsinfektionen. Die Wissenschaftler schlussfolgern, dass es einerseits enorme Parallelen zwischen einem suboptimalen Zinkstatus und einem beschleunigten Alterungsprozess sowie andererseits zwischen einem optimalen Zinkstatus und erfolgreichem Altern gibt.
(Baarz BR, Rink L: Rebalancing the unbalanced aged immune system – a special focus on zinc. Ageing Res Rev. 2021 Dec 13;101541)
L-Arginin und Hirnleistungsfähigkeit
Italienische Forscher untersuchten bei älteren (> 65 Jahre), gebrechlichen Patienten mit Hypertonie die Wirksamkeit einer L-Arginin-Supplementierung auf die kognitive Funktion. Die Patienten nahmen über einen Zeitraum von 4 Wochen 2-mal täglich entweder 1,66 g L-Arginin (n=25) oder ein Placebo (n=27) ein. Die Hirnleistungsfähigkeit wurde anhand des Montreal-Cognitive-Assessment (MoCA)-Tests ermittelt. Dieser Test eignet sich vor allem zum Aufspüren leichter kognitiver Defizite. Bei den Patienten, die L-Arginin erhielten, verbesserte sich der MoCA-Score signifikant.
(Mone P, Gambardella J, Pansini A et al. Abstract P183: Effects of L-arginine supplementation on cognitive impairment in hypertensive frail elderly adults. Hypertension. 2021;78;AP183)
B-Vitamine und Hirnleistungsfähigkeit
Bei älteren Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigen (MCI) hatte die Einnahme von B-Vitaminen (Vitamin B12, Folsäure mit oder ohne Vitamin B6) bei den Teilnehmern, die kein Aspirin verwendeten, signifikant vorteilhafte Effekte auf die kognitiven Funktionen und die Hirnatrophie-Rate. Bei den Probanden, die Aspirin nutzten, war dies nicht der Fall. Insgesamt 545 Personen nahmen an den beiden randomisierten Placebo-kontrollierten Studien teil. Die Studiendauer betrug 24 Monate.
(Wu Y, Smith AD, Refsum H et al. Effectiveness of B vitamins and their interactions with aspirin in improving cognitive functioning in older people with mild cognitive impairment: Pooled post-hoc analyses of two randomized trials. J Nutr Health Aging. 2021;25(10):1154-1160)
Resveratrol und C-reaktives Protein (CRP)
Eine Meta-Analyse aus 35 randomisierten, kontrollierten Studien (24 zum hs-CRP (hoch sensitives CRP), 11 zum CRP) hat ergeben, dass eine Supplementierung mit Resveratrol sowohl die hs-CRP- als auch die CRP-Werte im Serum von Probanden mit unterschiedlichen entzündlichen Erkrankungen signifikant senkte, besonders wenn Resveratrol mindestens 10 Wochen lang in einer Dosierung von mindestens 500 mg/d eingenommen wurde. Der sekundäre Pflanzenstoff wirkt demnach antientzündlich.
(Gorabi AM, Aslani S, Imani D et al. Effect of resveratrol on C-reactive protein: An updated meta-analysis of randomized controlled trials. Phytotherapy Research, Vol. 35, Issue 12, pages 6754-6767, first publ. 02.09.2021)